VwGH entscheidet: Poker ist ein Glücksspiel
Nach jahrelangen Diskussionen in der Lehre und Praxis liegt nun endlich eine Entscheidung des VwGH vor, welche dem Tauziehen der Argumente ein Ende bereiten möge (VwGH 8.9.2005, 2000/17/0201).
Während die Qualifikation der beliebten Spiele Schnapsen, Bridge und Tarock als
Geschicklichkeitsspiele bereits frühzeitig von der Judikatur vorgenommen worden war (vgl OGH EvBl 1959/325), ließ eine Entscheidung bezüglich des in der Gesellschaft nicht minder beliebten Poker-Spieles bis jetzt auf sich warten.
Dies lag nicht etwa daran, dass das Bedürfnis nach einer entsprechenden Qualifikation nicht gegeben gewesen wäre (VwGH 18.12.1995, 95/16/0047; 28.3.1996, 95/16/0269; 20.8.1998, 97/16/0387). Vielmehr scheiterte eine endgültige Bewertung stets an – nach Ansicht des VwGH – unzureichenden Entscheidungsgrundlagen. Die Frage, ob Poker ein Glücksspiel oder ein Geschicklichkeitsspiel darstelle, könne nämlich immer nur im Einzelfall,
gegebenenfalls nach Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens
beantwortet werden. Bis dato hätten die erforderlichen qualitativen und quantitativen Erhebungen gefehlt, welche Rolle dem Zufall (hinsichtlich der Kartenverteilung etc) in Relation zu anderen Faktoren zukomme. Als derartiger zu untersuchende Faktor wurde vor allem die Geschicklichkeit in Form von Berechnung, Kombinationsgabe oder Routine des Spielers genannt und die Frage, inwiefern das Ergebnis des Poker-Spiels hierdurch beeinflusst werden könne. Immerhin konstatierte der VwGH die Möglichkeit, dass ein geschickt bluffender Spieler einen oder mehrere andere Spieler dazu bewegen könne, das Spiel zu
verlassen, womit für den Bluffer aufgrund seines „geschickten“ Vorgehens das Spielergebnis zu seinen Gunsten ausfiele trotz anfangs ungünstiger Kartenverteilung (VwGH 20.8.1998, 97/16/0387).
Dem nunmehr ergangenen Erkenntnis wurde ein von der erstinstanzlichen Behörde
eingeholtes Gutachten zu den genannten Einflussfaktoren der Spielentscheidung bei den Poker-Varianten „Seven Card Stud Poker“, „Texas Hold`em“ und „Five Card Draw“ zu Grunde gelegt.
Aus diesem Gutachten ergebe sich nach Ansicht des VwGH hinreichend deutlich die
Glücksspieleigenschaft der gegenständlichen Poker-Spiele. Dies deshalb, weil die
Wahrscheinlichkeit, eine gewünschte bzw erhoffte Kartenkombination von 2 bzw 5 Karten erhalten, enorm klein sei. Diese Wahrscheinlichkeit der eigenen günstigen
Kartenkombination, welche nahe Null liegt, bildet aber für den einzelnen Spieler die
Grundlage für seine Überlegungen über die Verteilung von verdeckten Karten eines
beliebigen Mitspielers. Auch der Umstand, dass einzelne Karten offen und somit für alle Spieler ersichtlich zugeteilt werden, vermag nichts daran zu ändern, dass der Spielausgang wenn schon nicht ausschließlich, so doch vorwiegend vom Zufall abhängt. Auch wenn ein Spieler allenfalls durch Bluffen selbst bei schlechten Karten ein günstiges Spielergebnis erreichen könnte und seine spieltechnischen Entscheidungen nicht nur von den mathematischen Wahrscheinlichkeiten abhängig macht, welches Blatt seine Mitspieler durch die offen zugeteilten Karten haben könnten, sondern auch von deren Verhalten während des Spieles, nimmt dies den genannten Poker-Spielen nicht deren Glücksspielcharakter. Denn letztlich entscheidet wegen der geringen Wahrscheinlichkeiten des günstigen Blattes doch
vorwiegend der Zufall bei der Verteilung der Karten an die Spieler.
Dr. Petra Wojnar, zfg Redaktion