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Thema: Der deutsche Staat, das Glücksspiel und die große Lotto-Lüge

  1. #1
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    Standard Der deutsche Staat, das Glücksspiel und die große Lotto-Lüge

    Am 1. Januar haben sich die Bundesländer mit einem Staatsvertrag ein Monopol auf Glücksspiele gesichert - angeblich, um den Bürger vor sich selbst zu schützen. Inzwischen ist klar: Der Grund war vorgeschoben. Und das neue Gesetz erzeugt Chaos, bürokratischen Wahnsinn und hohe Kosten

    Richtig hübsch hatte sich Elfriede Drees gemacht, sie hatte sich eine Bluse und ein feines Jackett angezogen und die grauen Haare ordentlich frisiert, als sie Mitte November nach München zur Fünf-Millionen-SKL-Show reiste. Ein bisschen nervös war sie schon, als sie auf der Bühne Platz nahm, um sich den Fragen von TV-Moderator Günther Jauch zu stellen. Am Ende ging der Fünf-Millionen-Euro-Scheck tatsächlich an die überraschte Rentnerin. Die Promi-Gäste des Abends - Kati Witt, Hellmuth Karasek und Uwe Ochsenknecht - gratulierten. Nur bekam sonst kaum jemand etwas von der frischgebackenen Multimillionärin mit. Denn anders als 14-mal zuvor wurde die Sendung nicht im Fernsehen ausgestrahlt.

    Was der beliebten Lotterieshow den Strom abdrehte, waren nicht miese Zuschauerquoten, sondern ein Bürokratieungeheuer mit dem Namen "Glücksspielstaatsvertrag". Mehr als anderthalb Jahre hatten die 16 Regierungschefs der Bundesländer über das Vertragswerk gestritten. Sie haben Pläne wieder und wieder verworfen und irgendwann dann doch das Staatsmonopol auf Lotto und Sportwetten in Stein gemeißelt.

    Vor bald einem Jahr, am 1. Januar 2008, trat das Gesetz schließlich in Kraft - doch die Bilanz sieht düster aus. Besuche der "Welt am Sonntag" bei Beteiligten und Betroffenen zeigen: Gerichte und Anwälte quälen sich mit Tausenden Verfahren herum, Lottoannahmestellen und Sportwettenanbieter müssen um ihr Überleben fürchten. Und selbst die Umsätze der Lotterien brechen drastisch ein.

    Jahrelang war Ufuk G., 38, arbeitslos. Doch dann drehte sich das Schicksal des Deutsch-Türken. G., der seinen Namen und sein Foto nicht in der Zeitung gedruckt sehen möchte, eröffnete einen Kiosk samt Lotto-Annahmestelle in Berlin-Kreuzberg. Gerade das Lottogeschäft trägt dazu bei, dass G. heute finanziell auf der sicheren Seite ist. Sieben Prozent des Umsatzes darf er behalten. Und Lottospielen ist in. Gerade bei denen, sagt er, die fast gar nichts haben und aufs große Glück mit den sechs Richtigen hoffen. G. mag seine Arbeit eigentlich. Doch seit Anfang des Jahres hat er oft Ärger. "Ständig schicken die Lotto-Leute uns neue Auflagen ins Haus, die uns viel Zeit, Geld und Nerven kosten", schimpft er.

    Auffällige Werbung sei künftig verboten, wurde Ufuk G. mitgeteilt. So musste er die Lottowerbeplakate vor seinem Kiosk von jeglicher roten Farbe befreien und sie mit Warnhinweisen versehen, beispielsweise dem, dass Glücksspiele süchtig machen können. Die schicke Jackpot-Werbetafel, die so hübsch und rot blinkte, musste zunächst ganz verschwinden. Seit einigen Wochen darf G. sie wieder aufstellen, "nur blinken ist jetzt verboten", berichtet er. Und wundert sich über gar nichts mehr.

    Doch das waren Kleinigkeiten, wirklich wütend macht den Kioskbetreiber etwas anderes. Wie alle Betreiber von Lotto-Annahmestellen erhielt er die Aufforderung, die Lottoscheine künftig vom Alkohol zu trennen, damit Angetrunkene nicht etwa in Versuchung kommen, leichtfertig ihr Geld in Lottoscheine zu investieren. Ufuk G. baute also um. "Und als ich fertig war", sagt er und kann es noch immer nicht fassen, "kommen die und sagen, ich soll jetzt die Lottoscheine von den Süßigkeiten trennen."

    Ufuk G. hat seinen Laden inzwischen zum zweiten Mal umgebaut. Und nicht nur das kostete Geld. Zugleich beklagt er nämlich einbrechende Lotto-Umsätze: Vor allem Arbeitslose hätten sich zurückgezogen, seit sie auf den Lottokarten Namen und Adresse angeben müssen. Manchen Wettbewerber hat es schon dahingerafft: Sechs Lotto-Annahmestellen in seiner Nachbarschaft haben dichtgemacht, sagt der Kioskbesitzer: "Lotto hat so viel Stress gemacht, immer vor und zurück, die wollten und konnten sich das nicht mehr leisten."

    Als Direktor der Süddeutschen Klassenlotterie SKL sollte Gerhard Rombach, 52, eigentlich einer der Profiteure des staatlichen Glücksspielmonopols sein. Doch schon 2006, als noch heftig gerungen wurde um den Glücksspielstaatsvertrag, hatte er tiefe Sorgenfalten auf der Stirn. Solch ein Ansinnen werde den Lotterien am Ende mehr schaden als nützen, warnte er immer wieder. Vergeblich.

    Mit dem Glücksspielstaatsvertrag hätten er und seine Mitarbeiter "eine Reise nach Absurdistan" angetreten, sagt Rombach. Beispielsweise mussten für alle Vertriebspartner der SKL in allen 16 Bundesländern nach jeweils unterschiedlichen Anforderungen mehr als 3000 Vermittlungserlaubnisse beantragt werden, obwohl alle Vertriebspartner schon früher Zulassungen beantragt und erhalten hatten.

    Zudem flossen 73 000 Euro allein in die Suchtprävention, so wurden zum Beispiel Telefonhotlines zu Suchtspezialisten geschaltet. Und schließlich gab Rombach Studien in Auftrag, um der Suchtgefahr von Lotteriespielen nachzuspüren: "Kein einziger Spielsüchtiger hat sich gefunden, der ein Problem mit der SKL hätte", resümiert er heute.

    Dennoch musste er Lotteriescheine und Werbebriefe mit dem obligatorischen Warnhinweis versehen. "Das ist etwa so, als ob ein Produzent von Schokoladenzigaretten auf die Verpackung schreiben müsste, dass Rauchen tödlich sein kann", sagt Rombach. Schmerzhafter noch sind aber die Einschränkungen für den Vertrieb, die der SKL-Direktor im Zuge des Vertrags aufgedrückt bekam.

    SKL-Chef Rombach ließ sich von dem Glücksspiel Staatsvertrag nicht davon abhalten, Mitte November die Show durchzuführen, nur eben ohne TV-Kameras. Die Umsatzeinbrüche könne eine solche "Phantomshow" aber natürlich nicht aufhalten, sagt Rombach. Verkaufte die SKL 2007 noch Lotteriescheine im Wert von 640 Millionen Euro, brachen die Umsätze in diesem Jahr um mehr als 30 Prozent ein.

    Ein harter Schlag - vor allem auch für die Länder selbst, die mindestens 17 Prozent der Einnahmen bekommen. Statt der 140 Millionen Euro, die sie Schätzungen zufolge 2007 erhielten, werden sie sich laut Rombach im ablaufenden Jahr wohl mit der Hälfte zufrieden geben müssen. Und "endgültig in Absurdistan angekommen", so Rombach, "sind wir aber dann, wenn gleichzeitig die am meisten suchtgefährdenden Spiele wie die privaten Automatenanbieter wegen der Einschränkungen bei den staatlichen Angeboten um 30 bis 35 Prozent zulegen und sich dort - weil der Bund zuständig ist - niemand um die eigentlichen Probleme kümmert".

    Noch als die Bundesländer über den Entwürfen des Glücksspielstaatsvertrags brüteten, hatte Markus Ferber, 43, dafür geworben, bei den Verhandlungen die europäische Sicht der Dinge nicht aus dem Blick zu verlieren. Hinsichtlich der angeblichen Suchtgefahr von Lotto sei das Gesetz widersprüchlich, argumentierte der Chef des CSU-Landesgruppe im Europaparlament: "Es gibt Leute, die süchtig nach Spielautomaten sind, aber ich kenne keinen, der süchtig danach wäre, sechs Kreuzchen zu machen." Das wird europarechtliche Folgen haben, prophezeit Ferber: "Wer am Ende für diesen Irrsinn bezahlt, ist der Steuerzahler."

    Für den Berliner Verwaltungsrichter Percy MacLean, 61, bedeutet der Glücksspielstaatsvertrag vor allem viel Arbeit. MacLean klagt über eine "unglaubliche Rechtsunsicherheit", in deren Folge die "Rechtsprechung bundesweit in einem Chaos versunken" sei. Mehrere Hundert Verfahren landeten auf dem Tisch des Richters, seit der Vertrag in Kraft trat. Allen voran private Sportwettenanbieter, denen das Gesetz die Geschäftsgrundlage entzog, ziehen vor Gericht. Viele von den Besitzern der kleinen Büros sind Einzelpersonen, die meisten sind keineswegs wohlhabend - sodass etliche laut MacLean noch im Laufe des juristischen Verfahrens ihre Läden schließen müssen, weil sie sich Anwaltskosten und Rechtsunsicherheit nicht leisten können. Man müsse sich hier auch der Folgen bewusst werden: "Viele von denen fallen dann hinten runter und landen bei Hartz IV."

    2008 hat MacLeans Kammer meist Entscheidungen zugunsten der privaten Sportwettenanbieter getroffen. Die Länder sind nach Auffassung der Richter mit dem Glücksspielstaatsvertrag und vor allem mit dessen tatsächlicher Umsetzung in der Praxis den Auflagen des Bundesverfassungsgerichts noch nicht genügend nachgekommen. "So wird von den staatlichen Anbietern die Spielsucht nicht ausreichend bekämpft, sondern weiter gezielt für ihre eigenen Glücksspielangebote geworben", sagt MacLean. "Auch die Zahl der staatlich beauftragten Annahmestellen ist nicht ausreichend verringert worden."

    Offenbar ging es dem Gesetzgeber gar nicht so sehr um den Schutz des Bürgers vor der Versuchung. Letzteres aber, sagt MacLean, ist die Voraussetzung dafür, das staatliche Monopol auf Glücksspiele, also einen Eingriff in die Berufsfreiheit der privaten Anbieter, weiter rechtfertigen zu können.

    Bundesweit sind Tausende von Eilverfahren und Klagen anhängig, und der Richter geht davon aus, dass es mindestens weitere zwei bis drei Jahre dauern kann, bis das Bundesverfassungsgericht die nötige Rechtssicherheit herbeiführt oder der Europäische Gerichtshof.

    "Möglicherweise läge es eher im öffentlichen Interesse, wenn sich die Ministerpräsidenten der 16 Länder lieber heute als morgen zusammensetzten und umsteuerten", sagt MacLean. Wenn das Monopol aufgegeben und private Anbieter zugelassen würden, könne man die Glücksspielsucht vielleicht durch hohe Abgaben und gezielte Auflagen gegen besonders gefährliche Angebote, insbesondere auch gegen die bislang uneingeschränkt zulässigen Automaten- und Kasinospiele, effektiver als heute bekämpfen. Und das, ohne gleichzeitig die überwiegend harmlosen Angebote der staatlichen Anbieter reduzieren zu müssen, mit hohen Verlusten für die aus den Lotto-Töpfen geförderten gemeinnützigen Projekte. Auf diese Weise, sagt MacLean, würde die Allgemeinheit am meisten profitieren.

    Nachdem das Verfassungsgericht im März 2006 entschieden hatte, dass das Monopol für staatliche Sportwettenanbieter rechtens sei, ordneten Heike Tasillo, 45, und ihre Kollegen aus dem Dortmunder Ordnungsamt die Schließung von rund 50 privaten Sportwettbüros in der Stadt an. Folge war eine Welle von Klagen, die rasch auch das Oberverwaltungsgericht Münster erreichte. Zwar gaben die Gerichte dem Ordnungsamt recht, doch entschied die Stadt Dortmund zurückzurudern. "Das Risiko, irgendwann einmal zu teuren Schadenersatzforderungen an die Sportwettbüros verpflichtet zu werden, war uns zu groß", sagt Tasillo.

    Wieder und wieder habe man sich zusammengesetzt, recherchiert und diskutiert, erzählt Tasillo. Zuletzt hätten aber die Zweifel überwogen, ob der Glücksspielstaatsvertrag überhaupt mit dem EU-Recht vereinbar sei. Mehrfach schrieben Tasillo und ihre Kollegen auch das NRW-Innenministerium in dieser Sache an, um Klarheit zu bekommen - doch die Antworten waren zu schwammig, als dass sie sich darauf verlassen wollten.

    Dortmund hat 120 Wettbüros, sagt Tasillo. Jedes einzelne habe seine Pacht- und Personalkosten, für die der Betreiber im Falle des Falles Regress fordern könnte. Das könne sich pro Büro schnell auf 10 000 Euro summieren, "und das 120-mal, das könnte sich unsere Stadt nicht leisten". Was bleibt, sind die Zeit und die Nerven, die die Auseinandersetzung die Leuten vom Ordnungsamt gekostet haben. "Das kam alles noch zum Tagesgeschäft dazu", sagt Tasillo.

    Seit 30 Jahren ist Simon Springer, 58, einer der erfolgreichsten Buchmacher in Deutschland. Früher organisierte er Pferdewetten, vor einigen Jahren kamen Fußballwetten hinzu. Rund 100 Wettbüros hatte Springer in ganz Deutschland aufgebaut. Die machten 200 Millionen Euro Umsatz, und die Geschäfte liefen so vielversprechend, sagt Springer, dass ein Börsengang des Münchner Unternehmers nur die logische Konsequenz war.

    Springer hatte schon alles vorbereitet für den Börsengang von Bet3000. Doch dann schlug zehn Tage vor der ersten Analystenkonferenz die Bombe ein. Mit seinem Urteil entzog das Verfassungsgericht 2006 privaten Sportwettenanbietern die Geschäftsgrundlage. Damit hatten sich Springers Börsenträume erledigt. Seither hat er die Hälfte seiner Wettbüros schließen und 400 der 800 Mitarbeiter entlassen müssen.

    Schon nach dem Urteil des Verfassungsgerichts hat Springer in etwa 100 Fällen gegen Schließungsverfügungen der Behörden prozessiert, nach eigenen Angaben meist erfolgreich. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag änderte sich die Rechtslage abermals, wieder erreichten Springer Dutzende Verfügungen, gegen die er erneut klagte. "Bis dato hat uns der Staatsvertrag allein für die Gerichtsverfahren einen hohen sechsstelligen Betrag gekostet", sagt er.

    Springer wird die Wettbüros, die von Ordnungsämtern versiegelt wurden, aufrechterhalten. Denn er ist überzeugt, dass spätestens der Europäische Gerichtshof zu seinen Gunsten entscheiden wird. Danach wird er sich die Kommunen vornehmen, die nicht so vorsichtig waren wie die Stadt Dortmund: "Dann werden wir Länder und Kommunen auf Schadenersatz verklagen", sagt Springer. "Das garantiere ich."

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  3. #2
    Gambler Avatar von biene08
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    Standard

    Es ist einfach unglaublich wie leichtfertig der Staat Existenzen aufs Spiel setzt! Anstatt Bürokratie abzubauen und Unternehmen (welcher Art auch immer) zu fördern werden ihnen in unglaublicher Art und Weise Steine in den Weg gelegt. (Süßigkeiten und Alkohol von Lottoscheinen trennen!)

    Und nur weil der Staat seinen Bürgern nicht zutraut selbst zu entscheiden! Es ist eine Frechheit! Hoffentlich macht der Europäische Gerichtshof diesem Wahnsinn ein Ende!

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