Ein Immobilienbesitzer will per Gewinnspiel sein Haus loswerden. Dafür muss er jetzt das staatliche Lotterie-Monopol umgehen
In anderen Ländern haben bereits Tausende Grundeigentümer erfolgreich der Immobilienkrise getrotzt und ihr Haus über Verlosungsaktionen zum Wunschpreis losgeschlagen. In Deutschland hingegen ist der erste derartige Versuch von den Behörden vorerst gestoppt worden. Die Regierung Mittelfranken hat dem Münchner Grundeigentümer Volker Stiny untersagt, sein Fünf-Zimmer-Haus im beschaulichen Baldham am Rand der bayerischen Landeshauptstadt über ein Gewinnspiel zu verlosen. Jetzt will der 53-Jährige die Regeln so ändern, dass aus der Internet-Aktion ein nicht zu beanstandendes Geschicklichkeitsspiel wird.
Stiny hatte das 156 Quadratmeter große Haus im mediterranen Stil vor mehreren Jahren für mehr als 600 000 Euro für seine Eltern erworben. Nun ist sein Vater verstorben. Die 86-jährige Mutter musste in ein Pflegeheim umziehen. Stiny wollte die Immobilie verkaufen - ohne Erfolg. "Wegen der Finanzkrise sind solche Häuser derzeit allenfalls mit hohen Preisabschlägen veräußerbar", musste der Besitzer erfahren. Um sein investiertes Geld zurückzubekommen, entschied sich der Münchner, das Haus über ein Gewinnspiel zu verlosen.
Auf diese Weise konnten sich in den vergangenen Monaten bereits Tausende Grundeigentümer in Österreich, Großbritannien, Spanien und den Vereinigten Staaten trotz der Immobilienkrise von ihren Objekten zum erhofften Preis trennen. Das funktionierte so: Alle Spieler kaufen ein Los. Der Gewinner erhält am Ende ohne zusätzliche Kosten das Haus. Der gesamte Einsatz geht an den Eigentümer - abzüglich der von ihm zu tragenden Grunderwerbsteuer, Grundbuch- und Notargebühren. Damit die Gewinnchancen klar berechnet werden können, ist die Zahl der Lose limitiert. Weil das Konzept für den Immobilienbesitzer nur aufgeht, wenn genügend Spieler teilnehmen, kostet ein Los in der Regel nur 20 bis 50 Euro. Ein Betrag, den die Teilnehmer angesichts des Gewinns zu wagen bereit sind.
Im Vorfeld hatte sich Stiny bei den bayerischen Finanzbehörden informiert. Eine simple Verlosungsaktion wie in anderen Ländern, so machten ihm die Beamten klar, könne in Deutschland wegen des staatlichen Lotteriemonopols nicht genehmigt werden. Daraufhin tüftelte der Münchner mit Anwälten und Steuerberatern. Heraus kam die Idee eines Gewinnspiels via Internet: Jeder Spieler sollte nicht nur 19 Euro Teilnahmegebühr zahlen. Um in die Endausscheidung zu gelangen, müssen auch Fragen zum Allgemeinwissen korrekt beantworten werden. "Wir haben uns dabei an TV-Quizsendungen orientiert", sagt Stiny. Durch ein Ausscheidungsverfahren sollen insgesamt nur 100 Teilnehmer in die Endrunde gelangen - und jeder von ihnen einen Preis erhalten. Neben dem Haus gibt es 99 weitere Gewinne, darunter für den zweitplatzierten Teilnehmer ein neuer Kleinwagen im Wert von 8500 Euro.
Dennoch hat die Regierung von Mittelfranken, im Freistaat zuständig für die Glücksspielaufsicht im Internet, die Aktion untersagt. Trotz der Quizeinlagen handele es sich bei der Verlosungsaktion nach Auffassung der Behörde um ein Glücksspiel, sagt Günther Kiermeier, Sprecher der Regierung Mittelfranken. "Glücksspiele im Internet aber sind in Deutschland grundsätzlich verboten." Das Auswahlverfahren durch die Quizfragen diene lediglich der Verringerung der Teilnehmerzahl, sagt Kiermeier. "Wer am Ende von den 100 verbliebenen Teilnehmer das Haus erhält, wird aber allein durch das Losglück ermittelt." Womit das Gewinnspiel zu einem Glücksspiel werde - und somit verboten sei.
Jetzt will Stiny die Regeln so ändern, dass aus dem Gewinnspiel ein reines Geschicklichkeitsspiel wird. "Ich habe mit meinen Anwälten und Steuerberatern einen Plan B ausgearbeitet", sagt der Münchner. Der sieht im Kern vor, dass auch die einzelnen Gewinner der 100 Preise in immer neuen Fragerunden ermittelt werden. Stiny: "Wer bis zum Ende alle Fragen korrekt beantwortet hat, erhält das Haus." Auch bei den vorhergehenden Runden soll es offenbar mehr Fragen geben - und kniffeligere.
Nach Auffassung des auf Glücksspielrecht spezialisierten Anwalts Martin Arendts dürften die Behörden dagegen keine Einwände haben: "Der Staatsvertrag erfasst nur Glücksspiele, also solche Spiele, bei denen die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt", schreibt der Jurist in einem Beitrag auf Stinys Internetseite. "Nicht erfasst werden reine Geschicklichkeitsspiele, bei denen Wissen und Können des Spielers für den Spielausgang entscheidend sind."
Maximal 48 000 Teilnehmer dürfen bei dem Geschicklichkeitsspiel mitmachen. So viele müssten es aber auch annähernd sein, damit Stinys Plan aufgeht. Bei einem Einsatz von 19 Euro kämen zwar 912 000 Euro zusammen. "Davon müssen aber die übrigen Preise gekauft, die Kosten für Notar, Anwälte und Steuerberater sowie die Grunderwerbsteuer für den neuen Immobilienbesitzer gezahlt werden", sagt der Münchner. Und die sind bereits jetzt hoch. Nach Abzug aller Kosten verbliebe ihm in etwa die Summe, die er einst für das Haus gezahlt hat.
Wer sich bereits für das Spiel angemeldet und die 19 Euro Teilnahmegebühr gezahlt hat, muss sich um das Geld nicht sorgen, sagt Stiny: "Die Einsätze gelten auch für das neue Spiel." Auch eine Strafverfolgung müssen die Spieler nicht fürchten, sagt Regierungssprecher Kiermeier. "Wir haben darauf verzichtet, bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die Teilnehmer zu erstatten."