Lotto hat Lothar Lammers reich gemacht. Nicht dass er zu denen gehören würde, die den Jackpot geknackt haben, was bisher schon 7000 Mal geschah und worauf an diesem Wochenende Millionen hoffen. Nein, ohne Lothar Lammers, 81, gäbe es überhaupt keinen Jackpot, denn Lothar Lammers, ein kleiner Mann mit grau-schütterem Haar und einer knarrenden Stimme hat Lotto erfunden.
Es war im Sommer 1955. Der BWL- und Jurastudent Lammers jobbte zu jener Zeit bei der Westdeutschen Fußball-Toto GmbH in Köln und wertete wochenends Wettscheine aus; sein Freund, der 1990 gestorbene Mathematiker Peter Weiand, schrieb für das Totoblatt Tipp mit. Die beiden hatten eine Idee: Es muss ein simpleres Glücksspiel geben als das Fußballtoto, eines, für das keine sportlichen Fachkenntnisse nötig sind. Jeder Spieler, ob Mann oder Frau, ob gebildet oder ungebildet, erhält die gleiche Chance auf den Hauptgewinn, indem er lediglich sechs von 49 Zahlen auf dem Lottoschein ankreuzt und dafür einen geringen Betrag bezahlt. Die Erfinder beherzigten das KISS-Prinzip: "Keep it simple, stupid!"
Die Kölner Fußballtoto-Gesellschaft aber ließ die beiden abblitzen, erst die öffentlich-rechtlichen Landesbanken, die damals die Nordwestdeutsche Klassenlotterie betrieben, horchten auf. In Hamburg gab es schließlich am 9. Oktober 1955 die erste Lottoziehung "6 aus 49". 240 000 Spieler hatten einen Schein ausgefüllt. Das 13-jährige Waisenmädchen Elvira zog die Gewinnzahlen per Hand und fischte als allererste Ziffer ausgerechnet die Unglückszahl 13 aus der gläsernen Trommel.
Lottospielen wurde schnell wesentlich beliebter als die herkömmliche Fußballwette. Lammers und Weiand kehrten als Gewinner nach Köln zurück und wurden Geschäftsführer der Westdeutschen Lotterie Gesellschaft. "Erst wollten die Chefs unsere Idee nicht, dann wurden wir ihre Chefs", formuliert Lammers genüsslich. Er gilt längst weltweit als Vordenker moderner Lotterien und exportierte seine Spielart in die USA, nach Kanada, Asien und Australien; die Welt-Lottogesellschaft ehrte ihn im Jahr 2004 für sein Lebenswerk.
Wie viel Geld Lammers mit Lotto und Spielbanken - er gründete nach dem Lotto-Erfolg die Deutsche Spielbanken-Gesellschaft - verdient hat, will er nicht verraten. Stattdessen zeigt er lieber Fotos von seinem weißen Porsche und seinem stattlichen Haus an der Côte d'Azur. Dort verbringt er die eine Hälfte des Jahres, schwimmt, segelt, spielt Golf. In der anderen Hälfte wohnt er in Münster, geht täglich in sein Büro und berät von dort verschiedene Unternehmen. Manchmal spielt er auch Lotto. Einmal hat er sogar gewonnen. Ein paar tausend Mark waren es. Aber das ist lange her.