Finanz- und Wirtschaftskrise haben im Vorjahr keinen Druck auf das Geschäft mit dem Glücksspiel ausgeübt. Trotz nach oben schnellenden Arbeitslosenzahlen und unzähligen Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft denken die Verbraucher offenbar nicht an den Verzicht auf das Lotterielos. Den Rekordergebnissen verschiedener US-Bundesstaaten zufolge wird die Hoffnung auf Mio.-Gewinne in Krisenzeiten sogar noch verstärkt.

Allein in Massachusetts wurden 2008 Lose im Wert von rund 3,5 Mrd. Euro verkauft. Hierzulande zieht der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) mit 439 Lotto-Sechsern und über 100 neuen Millionären eine ebenso rekordverdächtige Jahresbilanz. Angesichts des offenbar krisensicheren Geschäfts kritisieren Spielsuchtexperten die Pläne des DLTB, ein neues europäisches Lotto einzuführen. Bei dem "Eurojackpot" genannten Spiel sollen ab Oktober bis zu 90 Mio. Euro ausgeschüttet werden.

Durch den mit 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag drohen den Bundesländern in den kommenden drei Jahren Einnahmenverluste in Höhe von rund fünf Mrd. Euro. Wie eine ifo-Studie aufzeigt, greifen die Konsequenzen des Staatsvertrags durch Regelungen wie das Angebotsverbot von Glücksspiel im Internet mit 1. Januar 2009 erst jetzt in vollem Ausmaß. Anhand der Einführung neuer Spielklassen sollen die entgangenen staatlichen Einnahmen wieder wett gemacht werden, so die Kritik. "Die Pläne des Lottoblocks zeigen kaltschnäuzig die Absurdität des Staatsvertrages und die Doppelmoral seiner Macher", meint etwa Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbands (DLV). Darüber hinaus ziehe "Eurojackpot" noch mehr Spieler in den Glücksspielsektor, weshalb der Fachbeirat Glücksspielsucht der Länder ernst zu nehmende Gefahren wittert und das Spiel als "nicht vertretbar" bewertet.

Den Plänen des DLTB und des hierzulande federführenden WestLotto zufolge soll "Eurojackpot" im Oktober dieses Jahres in Deutschland und acht weiteren europäischen Ländern starten. Während ein entsprechender Antrag bereits im Herbst 2008 beim Innenministerium eingebracht wurde, wird bis zum Frühsommer mit einer Zusage gerechnet. Ein Tipp soll den Spielteilnehmern zwei Euro kosten. Ein Jackpot über 90 Mio. Euro sei alle zwei Jahre zu erwarten. Mit wöchentlich mindestens zehn Mio. Euro bezeichnet WestLotto-Chef Winfried Wortmann das geplante Angebot als "hoch attraktiv, aber harmlos". Der DLV sieht darin hingegen die "öffentliche Distanzierung eines hochrangigen Vertreters der staatlichen Lottogesellschaften von dem Argument einer von Lotto angeblich ausgehenden Suchtgefahr, die Grundlage für den Staatsvertrag ist."