17.03.2007
Teurer Traum vom schnellen Geld
Der Traum vom Wohlstand ohne große Anstrengung treibt viele Spieler in die Sucht. Oft werden die Betroffenen erst dann wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt, wenn der Automat ihr letztes Geld geschluckt hat.
Refrath - Die sechs Männer, die in der Freien Waldorfschule Refrath um einen Tisch sitzen, vor sich Becher mit Apfelschorle oder Sprite, sind die Keimzelle für eine neue Gruppe der "Anonymen Spieler - Gamblers Anonymous" (GA). Die meisten von ihnen haben Erfahrungen in anderen Gruppen gemacht und haben nun hier im Rechtsrheinischen eine neue Gruppe gegründet, die nach den GA-Grundsätzen arbeitet. Sie sind unterschiedlichen Alters, arbeiten in verschiedensten Berufen, sind Singles, liiert oder verheiratet, doch eines ist ihnen gemeinsam: Sie sind spielsüchtig und - einer der wichtigsten Grundsätze des GA-Programms - haben erkannt, dass sie ihre Sucht nicht im Griff haben und ihr Leben nicht mehr meistern konnten.
Die Arbeit der Anonymen Spieler-Gruppen ist analog zu denen der Anonymen Alkoholiker (AA) aufgebaut, Leitsätze und Philosophie sind ähnlich. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Spielsucht eine Krankheit ist, die täglich von neuem bekämpft werden muss. Die Selbsthilfegruppe bietet ein anonymes Forum für den Gedankenaustausch, einer lernt aus den Erfahrungen des anderen, doch die Gruppe wertet nicht und urteilt nicht. Statt dessen wird aufmerksam zugehört - zunächst bei der Vorstellrunde, bei der die Teilnehmer ihren Vornamen nennen und so viel oder so wenig von sich preisgeben, wie sie mögen.
Es sind lange Spielerkarrieren, die geschildert werden: "Haus, Hof und den eigenen Betrieb habe ich verspielt", gesteht ein über 60-Jähriger. "Nach über 20 Jahren ohne Spiel, ohne Suchtmittel bin ich immer noch in der Gruppe, um nach gangbaren Wegen für mein Leben nachzudenken. Aber ich will die Erfahrungen auch weitergeben an andere, die noch leiden."
Ein anderer am Tisch schildert, dass er seit zehn Jahren süchtig ist, er spielt an Automaten und erzählt, dass er noch am Anfang steht mit der Bekämpfung seiner Sucht. Sein Nachbar, Anfang 40, gesteht ein, dass er zwar schon lange "trocken" ist, aber nicht weiß, ob er das am nächsten Tag oder in der nächsten Woche noch sein wird. Automaten-Spielsucht überwiegt in der Gruppe, doch auch Zocken im Casino oder Pferdewetten haben Spieler in der Runde ins Verderben gerissen. Übereinstimmend schildern die Betroffenen die Gier nach dem Kick im Spiel, die ausschließliche Konzentration auf Automaten oder das Klackern der Roulette-Kugel, die alle Alltagssorgen ausblendet. Ist dann der letzte Cent verspielt und der Spieler muss sich wieder der Realität stellen, folgt das Elend: Selbstvorwürfe, Betrug gegenüber Familie und Freunden, um die Verluste zu verschleiern - es sei, sagt einer in der Runde, ein "Absacken ins Niemandsland".
Die Anonymen Spieler beschreiben die typische Persönlichkeit des süchtigen Spielers als geprägt von der Unfähigkeit und der fehlenden Bereitschaft, die Wirklichkeit zu akzeptieren, von emotionaler Unsicherheit. Ein Spieler fühle sich nur sicher und geborgen, wenn er am Spieltisch sitze. Außerdem kennzeichne Unreife die Persönlichkeit eines Zockers, das starke Verlangen und der Traum, die guten Dinge des Lebens ohne große Anstrengung zu erlangen.
So beschreibt es auch einer der Refrather Gruppenteilnehmer: "Wenn ich aus dem Casino herauskam, wusste ich genau, was ich falsch gemacht hatte. Und träumte davon, den Verlust am nächsten Tag wieder wettzumachen und mir mit dem großen Gewinn alle Wünsche zu erfüllen." Spieler N. berichtet, dass ihm das Zocken nicht einmal Glücksgefühle beschert habe: "Ich war nach stundenlangem Spielen immer völlig erschöpft, und bin trotzdem der vagen Chance nachgerannt, meine Verluste wieder reinzuholen."
Als "trockene" Spieler müssen die Betroffenen lernen, ohne ihre Fluchten zu leben, ohne "die kleine Tür, hinter der ich mich verstecken kann", wie es ein Teilnehmer in der Selbsthilfegruppe formuliert. Dabei stützt sie die Selbsthilfegruppe, sie soll ihnen die Kraft geben, von Woche zu Woche ohne einen Rückfall in die Spielsucht zu leben.
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