08.03.2007
Die EU sollte für jede Sucht zuständig sein
Raucher und Trinker stehen auf der Abschussliste – Spielsucht ist kein Thema
Es ist wirklich erstaunlich, wieviel Optimismus der Internet-Wettanbieter Bwin nach wie vor versprüht, trotz all seiner existenzbedrohenden Probleme, etwa in Deutschland, Frankreich und der Türkei. Und trotz der massiven Verluste von einer halben Milliarde €, die er im Vorjahr erlitten hat . Obwohl sie bei der Übernahme des schwedischen Anbieters Ongame, der weitgehend abzuschreiben war, kräftig auf die Schnauze gefallen sind, prüfen die Bwin-Chefs nunmehr eine Übernahme des britischen Rivalen Sportingbet, der nach eigenen Angaben 880.000 Kunden aus 150 Ländern im Talon hat.
Die börsenotierte Bwin, die auf mich wie ein Relikt aus den furiosesten New Economy-Tagen wirkt, dürfte sich nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes in einen Freudentaumel gesteigert haben, für den es allerdings relativ wenig Begründung gibt: Man benötigt jedenfalls einen guten Magen und starke Nerven, um das 12-seitige Elaborat aus Luxem*burg halbwegs unversehrt zu verstehen bzw. überstehen, aber ein Freibrief für private Wettanbieter á la Bwin ist es ebensowenig wie der Todesstoss für staatlichen Glücksspielmonopolisten á la Casinos Austria.
Die hohen Richter, die zu einem Fall aus Italien Stellung zu nehmen hatten, brachten das Kunststück zuwege, in beredten Worten nicht wirklich konkret zu werden. Und das ist wieder einmal erstaunlich, ja ärgerlich an dieser Europäischen Union: Sie pflegt die Raucher seit einiger Zeit *
EU-weit so vehement zu verfolgen, als wären sie allesamt Schwer*verbrecher. Und sie rückt dem übertriebenen Alkoholkonsum so beherzt zu Leibe, als gäbe es in ihren 25 Mitgliedsländern kaum noch nüchterne Bürger und Bürgerinnen.
Bei einer anderen, auch nicht gerade ungefährlichen, Sucht, von der hier die Rede ist, steht die EU indes unverändert auf verlorenem Posten. Es wäre aber enorm wichtig, kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Glücksspielbereich endlich abzustellen bzw. solchen vorzubeugen. Und z. B. jene ausländischen Anbieter, die unter Umgehung der inländischen Konzessionsvorschriften in Österreich tätig sind, genau unter die Lupe zu nehmen. In manch dieser Fälle steht nämlich eindeutig der Verdacht der Steuerhinterziehung im Raum, weil für die hierzulande erzielten Umsätze offenbar weder Umsatz- noch Ertragsteuern abgeführt werden.
Bwin sollte sich also nicht zu früh freuen: Eines Tages werden auch die Herren in Brüssel aufwachen.
wirtschaftsblatt.at