18.09.2006
Staatliche Wett-Mafiosi
von Josef Urschitz
Glücksspiel ist eine heikle Sache: Da muss man beispielsweise höllisch aufpassen, dass sich nicht organisierte Kriminalität breit macht. Unternehmen, die Casinos betreiben oder Sportwetten und Lotterien anbieten, sollten also ein wenig strengeren Regeln unterliegen und ein wenig schärfer durch staatliche Behörden kontrolliert werden, als, sagen wir, eine Blumenhandelskette.
Aber ein Staatsmonopol für Glücksspiele lässt sich daraus in einer Gemeinschaft wie der EU, die Dienstleistungsfreiheit zu ihren "Grundfreiheiten" zählt, wirklich nicht argumentieren. Denn was da jetzt im Umfeld der Bwin-Affäre in Frankreich als Argumente für staatliche Wettmonopole vorgebracht wird - etwa der "Schutz der Bevölkerung vor Spielsucht" - ist blanke Heuchelei.
Natürlich agieren die durch Monopole geschützten staatlichen Glücksspielgesellschaften wie ganz gewöhnliche Wirtschaftsbetriebe. Und natürlich versuchen sie, durch massive Werbung (alles ist möglich, nicht war?) ihre Umsätze auszuweiten. Zumeist sehr erfolgreich. So viel zum Thema "Schutz vor Spielsucht".
Frankreich verteidigt sein lukratives Wettmonopol, wie die Verhaftung der beiden Bwin-Vorstände zeigt, besonders brutal. Weil, wie der Anwalt des französischen Glücksspielmonopols zu scherzen pflegte, "Wirtschaftstätigkeit, die auf Glück basiert, im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung" steht.
Ähem, wie meinen? Die staatliche französische Glücksspielgesellschaft steht also "im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung"? Da hat sich Advokat Vlaemminck wohl ein bisschen rhetorisch vergaloppiert.
Auf jeden Fall steht aber das staatliche Glücksspielmonopol im Widerspruch zum EU-Recht. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil schon 2003 festgestellt. Und das sieht offenbar auch die EU-Kommission so: Die hat in Sachen Glücksspielmonopol gegen sieben Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Dass ausgerechnet die EU-Schwergewichte Frankreich und Deutschland (wo drei Bundesländer Bwin-Wetten verboten haben) ihre staatliche Wett-Mafia besonders aggressiv schützen, erschwert die Sache natürlich beträchtlich. Aber wenn die EU ihre Dienstleistungsrichtlinien bei den eigenen Mitgliedern nicht durchbringt, dann steht das ganze Projekt ohnehin auf recht tönernen Füßen.
josef urschitz, diepresse.com