16.09.2006
Sportwetten nur noch mit Kundenkarte
Ab 2007 bleiben Spieler in Rheinland-Pfalz und Hessen nicht mehr anonym/Auch bei Lotto?
MAINZ/WIESBADEN Mit der Anonymität ist es bald vorbei: In Rheinland-Pfalz und Hessen müssen sich ab 1. Januar 2007 alle Teilnehmer von Sportwetten registrieren lassen. Ohne Kundenkarte kann man in Zukunft also nicht mehr Oddset spielen. Ähnliches könnte auch auf Lotto-Spieler zukommen.
Von Markus Lachmann
"Die Spieler von Sportwetten müssen ab kommendem Jahr eine Kundenkarte haben, um spielen zu können", erklärte am Freitag der Sprecher des Mainzer Finanzministeriums, Bernhard Landwehr. Damit soll die Spielsucht, wie vom Verfassungsgericht gefordert, stärker bekämpft werden. Eine Registrierung könnte auch auf Lottospieler zukommen. "Darüber denken wir nach", sagte Landwehr. Lotto Rheinland-Pfalz bestätigte die Einführung einer Zwangs-Kundenkarte für Oddset-Spieler ab 1. Januar. Damit komme man einem Auftrag des Finanzministeriums nach, sagte Lotto-Geschäftsführer Hans-Peter Schössler dieser Zeitung. Auf der kostenlosen Kundenkarte werden Name und Anschrift vermerkt. "Die Karte hat aber keine weitere Funktion, etwa die einer Geldkarte", betonte Schössler. Bevor man mit der Kundenkarte spielt, muss man einen Antrag in der Annahmestelle ausfüllen, der unter anderem das Geburtsdatum enthält. Dies diene dem Jugendschutz und dem Kampf gegen Spielsucht. Schössler: "Wir haben ein Kontrollsystem, bei dem die `Lampe` angeht, sobald jemand außergewöhnlich spielt - und dann setzen wir uns mit der Verkaufsstelle in Verbindung." Zwar gebe es bei Oddset "nur" einen Höchsteinsatz von 500 Euro. Werde dieser jedoch beispielsweise in einer Stadt mehrfach gesetzt, "dann schalten wir uns ein". Die Daten, versicherte Schössler, würden zentral in Koblenz gespeichert. "Wir gehen damit absolut vertraulich um." So gebe es ja bereits 280000 Besitzer einer (freiwilligen) Kundenkarte bei Lotto.
Auch Oddset-Spieler in Hessen müssen sich ab 1. Januar registrieren lassen. "Dies dient der Spielsuchtprävention", erklärte Helga Hinrichs, Sprecherin von Lotto Hessen. Es könne geschaut werden, wie viel ein Spieler einsetze, und man könne "gegebenenfalls eingreifen". Noch sei es offen, ob sich auch Lotto-Spieler registrieren lassen müssen. "Wir bereiten uns darauf vor - wir könnten das auch für Lotto umsetzen", so Hinrichs. Zurückhaltender äußerte sich Schössler: "So weit sind wir nicht - wir halten es zurzeit auch nicht für erforderlich." Die Suchtgefährdung sei bei Oddset größer als bei Lotto.
Hintergrund der neuen Regelung ist ein Urteil des Verfassungsgerichts vom März. Die Richter in Karlsruhe erklärten das staatliche Monopol auf Oddset-Wetten grundsätzlich für zulässig, machten jedoch strenge Vorgaben zum Kampf gegen die Spielsucht. Lotto-Insider halten eine Kundenkarte zur Bekämpfung der Spielsucht bei Oddset-Wetten für Augenwischerei. Spielsüchtige könnten beispielsweise auch Familienmitglieder und Verwandte registrieren lassen. Effektiver sei es, durch das neue Kontrollsystem manipulierte Spiele auffliegen zu lassen. Zudem müsse man die Frage stellen, wie es mit dem Datenschutz aussähe.
Der rheinland-pfälzische FDP-Fraktionschef Herbert Mertin erklärte, er stehe einer Zwangsregistrierung sehr skeptisch gegenüber. Denn diese würde auch Zwangsmaßnahmen bedeuten. Doch zunächst wolle er abwarten, bis die Details vorlägen.
Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Finanzministeriums wird überdies die Zweckbindung der Konzessionsabgaben, die das Land etwa von Spielbanken einnimmt, voraussichtlich zum 1. Januar 2008 wegfallen. Das heißt, die Mittel müssen nicht mehr gemeinnützigen Zwecken zukommen - etwa Denkmal- und Umweltschutz, Sport und Kultur. "De facto wird sich aber nichts ändern", betonte Ministeriumssprecher Landwehr.
main-spitze.de
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