ARD - 24.05.2006 20:15 Uhr
Die Spielerin
Rien ne va plus
(tsch) Hannelore Elsner ist einer der Top-Stars des deutschen Fernsehens und des Kinos. In Oskar Roehlers "Die Unberührbare" beeindruckte sie ebenso wie in Oliver Hirschbiegels "Mein letzter Film". Da spielte sie - in der Rolle einer Schauspielerin - atemberaubend an der Wirklichkeit entlang. Für "Ende der Unschuld" bekam sie den Grimmepreis, Dani Levys "Alles auf Zucker" wurde in mehreren Kategorien mit dem Deutschen Filmpreis gekürt. Und vor kurzem war sie - zum dritten Mal unter Rudolf Thomes Regie - im Kino zu sehen ("Du hast gesagt, dass du mich liebst"). In der ORF-NDR-Koproduktion "Die Spielerin" (Erstausstrahlung ARTE, 2005), frei nach Motiven Dostojewskis, wird sie von einem Anwalt zum Glücksspiel verführt - und verfällt diesem mit Haut und Haar.
Die geschiedene, lebenslustige Polina Sieveking (Hannelore Elsner) lernt eines Nachts auf merkwürdige Weise in ihrem Hotelzimmer einen ihr unbekannten Mann kennen: Der Unbekannte (Erwin Steinhauer) stellt sich als Wirtschaftsanwalt Friedrich Mühlbichler vor. Er schläft voll bekleidet in ihrem Bett. Die Zimmer-Verwechslung erklärt er mit einem Fehler der Hotelrezeption. Anderntags kommen die beiden einander näher, Polina verliebt sich in Friedrich und gibt schließlich dessen Drängen nach, für ihn mit dem Einsatz von 4.100 Euro in der Spielbank zu spielen. Polina setzt auf die Null und gewinnt tatsächlich.
Getrieben von diesem Erfolg, wird sie zur "Systemspielerin", hat in der Folge aber zunehmend Pech. Darüber hinaus gesteht Friedrich Polina, dass man ihm einen Prozess wegen der Veruntreuung von Mandantenvermögen macht. Er kommt in Untersuchungshaft. Noch bevor Friedrich schließlich seinen Prozess gewinnt, verlässt Polina, die eigentlich "nie mehr" spielen will, den Saal, um in einem illegalen Casino auch ihr letztes Geld zu verspielen. Dennoch kommt es zu einem - eher unschlüssigen - Happy-End.
Autor Fred Breinersdorfer verwendete für dieses psychologische Stationendrama auf der Stufenleiter des Lebens Motive aus Fjodor Dostojewskis Roman "Der Spieler", in dem die Stieftochter eines Generals in einer westeuropäischen Kurstadt einen jungen Hauslehrer zum Spielen verführt. Breinersdorfer entfernte sich weit von der Vorlage, vertiefte sich allerdings ebenso wie diese in die charakteristische Spieler-Psychologie. Das verläuft naturgemäß nicht ohne Lehrbuch-Klischee: Erst wird der Anfälligen von anderen (Nina Petri als luziferischer Spielhöllenengel) schicksalhaftes Glück eingeredet, dann glaubt sie selbst daran, bis sie schließlich die Herausforderung am Roulettetisch als pseudowissenschaftliches Zahlenspiel betreibt.
Regisseur Erhard Riedlsperger ("Kaisermühlen Blues", "Dolce Vita & Co.") bildete zusammen mit Erwin Steinhauer einen starken Österreicher-Block bei der in Hamburg gedrehten Produktion. "Ich habe zum Glück früh erkannt, dass ich suchtmäßig ein gefährdeter Mensch bin, deshalb habe ich aufgehört", berichtet Steinhauer von Spielerfahrungen in seiner eigenen Jugend. Hannelore Elsner lobt er als "sehr genaue Partnerin, die genau hinhören kann und ein tolles Gespür für Dramaturgie hat. Sie sagt nicht zu allem sofort Ja und Amen." Elsners subtiles Nervenspiel machen denn auch den Film sehenswert, der insgesamt freilich etwas zu redselig und moralinsauer wirkt. Ein Blick auf Thomes neuerliche Kino-Klischeebrechungen hätte sicher gut getan.
fraenkischer-tag.de
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