11.05.2006
Aus der Traum vom Börsengang
Von Christian Buchholz
Sportwettenanbieter Bet 3000 hatte die Commerzbank und Morgan Stanley schon mit der Vorbereitung seines Börsengangs beauftragt. Kalkuliertes Emissionsvolumen: 100 Millionen Euro. Nach dem Wetten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist der Plan nach Informationen von manager-magazin.de aber geplatzt, der Vorstandschef packt ein.
Hamburg/München - Als bei Simon Springer, der Bet 3000 vor rund zwanzig Jahren gründete, die Idee für einen Börsengang seines prosperierenden Unternehmens heranreifte, erweiterte er den Vorstand: Seit Jahresbeginn hatte Karsten Martens die Chefposition inne, der alte Name des Unternehmens "Wettannahmen S. Springer" war getilgt, die Bet 3000 AG gegründet.
Angesichts hoher Kursgewinne bei Wettbewerbern wie Tipp24 oder Betandwin stimmte das Umfeld für ein Initial Public Offering (IPO). Als Börsensegment war der Prime Standard ausgewählt, in dem die gelisteten Firmen umfangreichen Pflichten nachkommen müssen -und so für ein seriöses Ansehen der Werte sorgt.
Hier tauchte für Bet 3000 nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sportwetten-Szene in Deutschland aber ein Rieseproblem auf. Die Richter in Karlsruhe entschieden, dass die Bundesländer mit ihren Sportwettenablegern (meist Lotto-Töchter) bis Ende 2007 Zeit hätten, wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht zu ergreifen. Gelingt dies, wäre das staatliche Monopol nicht verfassungswidrig, so die Richter.
Wettbewerber mit Konzessionen aus DDR-Zeiten
Felix Regehr, Aufsichtsratsmitglied bei Bet 3000 erklärte gegenüber manager-magazin.de: "Das Unternehmen hat in Absprache mit der Commerzbank und Morgan Stanley entschieden, dass der geplante Börsengang 'on hold' gesetzt wird. Einziger Anlass dafür ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März, das letztlich die rechtlichen Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer im Unklaren lässt."
Private Anbieter wie Bet 3000 hatten vor dem Richterspruch in Karlsruhe darauf gesetzt, dass der Markt - wenn auch mit gesetzlichen Auflagen - liberalisiert würde. Dies hätte nach Angaben der Wettanbieter mit EU-Recht harmonisiert. Nach dem Urteil, das eine endgültige Entscheidung verzögert, bleibt es vorerst bei der unübersichtlichen Lage für die private Konkurrenz. Vorteile haben aber vier Anbieter, die noch über Konzessionen aus DDR-Zeiten verfügen: Neben Betandwin sind dies Sportwetten Gera, Interwetten aus Dresden sowie Digibetwetten.de aus Berlin.
Gefahr von Prospekthaftungsklagen
Anbieter Bet 3000, der in Deutschland nach eigenen Angaben 92 eigene sowie 66 angeschlossene Filialen betreibt, verfügt dagegen nicht über eine derartige Konzession. Mit einem Börsengang inmitten rechtlich ungeklärter Umstände zum Kerngeschäft hätte sich das Unternehmen in Gefahr begeben. Denn Geschäftsrisiken muss jeder Prime-Standard-Wert im Börsenprospekt klar formulieren. Stellen sich später Widersprüche heraus, können die Aktionäre Prospekthaftungsklagen anschieben, die die Finanzlage des betroffenen Unternehmens deutlich verschlechtern können - abgesehen von einem in solchen Fällen oft automatisch erfolgenden Kurssturz.
Bet-3000-Gründer Springer, der die Geschäfte oft von seinem privaten Domizil in Spanien aus führt, war die Gefahr zu groß. "Im gegenseitigen Einvernehmen" ging vor einigen Tagen erst Finanzvorstand Georg Marsmann, in der vergangenen Woche packte auch Vorstandschef Martens seine Sachen. Springer will sein Geschäft nun so weiterführen wie in den vergangenen Jahren - Gewinne erwirtschaftet er dem Vernehmen nach auch ohne Börsenfantasie.
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