04.Mai 2006
Glücksspiel-Verbot nimmt nächste Hürde
Gesetzesentwurf des republikanischen Abgeordneten Bob Goodlatte, mit dem das Online-Glücksspiel in den USA auf Bundesebene verboten werden soll (siehe Vorgeschichte), hat eine weitere wichtige Hürde genommen: Der Rechtsausschuss im US-Repräsentantenhaus hat den Antrag angenommen und nun wird die gesamte Kammer über den Entwurf entscheiden. Von der Ratifizierung ist der Gesetzesentwurf damit immer noch weit entfernt. Es ist schon alleine fraglich, ob das Repräsentantenhaus noch in diesem Jahr darüber entscheiden wird, da im Herbst die Wahlen für den US-Kongress anstehen und der Terminplan eng ist. Dennoch verdient der Entwurf Beachtung. Und zwar nicht nur, weil ein bundesweites Verbot endlich den Rechtsstreit mit Antigua und Barbuda beenden könnte (vgl. Archiv). In diesem Rechtsstreit sollte eigentlich dringender Handlungsbedarf bestehen, nachdem eine Frist der Welthandelsorganisation WTO im vergangenen Monat verstrichen ist. Doch nicht nur deshalb ist der Entwurf Goldlattes interessant. Wichtig scheint auch, dass dieses Gesetz sich erstmals nicht nur gegen die Anbieter von Online-Glücksspielen richtet. Nur diese mussten bisher mit Sanktionen wie etwa dem Einfrieren von Bankkonten und Geld-Transfers rechnen. Der neue Entwurf dagegen berücksichtigt das Problem, dass viele westliche Länder wie beispielsweise auch Großbritannien nach ihrem jeweiligen nationalen Recht legal Glücksspiele anbieten. Diese Online-Casinos und -Wettbüros können von den USA kaum angegriffen werden, auch wenn diese Spiele nach US-Recht verboten sind. Daher richten sich die Sanktionen des neuen Gesetzes in erster Linie gegen den Anwender. Ihm drohen nach den Vorstellungen Goldlattes bis zu 5 Jahren Haft, sollte er sich beim Online-Poker erwischen lassen.
intern.de
Vorgeschichte
Nach Abramoff-Skandal erhält Glücksspiel-Verbot wieder Aufwind (15.02.2006)
Bob Goodlatte, republikanischer Angeordneter im US-Repräsentantenhaus, macht wieder mit einem Gesetzesvoschlag von sich reden, mit dem er das Online-Glücksspiel verhindern will. Wie der viele Jahre währende Rechtsstreit mit Antigua und Barbuda vor dem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation (vgl. Archiv) allerdings annehmen lässt, würde ein solches Gesetz vermutlich nicht sehr lange Bestand haben. In dieser Angelegenheit müssen die USA ohnehin noch eine Frist einhalten, die von der WTO gesetzt wurde: Bis zum 3. April müssen laut Urteil des Schiedsgerichts die bereits bestehenden Gesetze einzelner US-Bundesstaaten angepasst werden, sofern sie zu einer Benachteiligung anderer Länder führen. Das Gesetzesvorhaben Goodlattes dürfte daher nur eingeschränkte Erfolgsaussichten haben. Dabei kämpft er schon seit 10 Jahren für ein Verbot der Glücksspiele auf Bundesebene und es wäre ihm im Jahr 2000 fast gelungen, seinen Entwurf im Repräsentantenhaus durchzudrücken. Doch ein Lobbyist der Casino-Industrie konnte damals genügend Abgeordnete davon überzeugen, dem Entwurf nicht zuzustimmen. Der Name dieses Mannes ist seit einigen Wochen bestens bekannt, denn es handelte sich um den geständigen Betrüger Jack Abramoff. Dieser steht zur Zeit der US-Staatsanwaltschaft Rede und Antwort, denn er hat sich bereit erklärt, über seine bisherigen Aktivitäten auszupacken. Es wird vermutet, dass er in mehreren Fällen Kongress-Angeordnete mit Geld dazu brachte, ihm Sinne seiner Auftraggeber zu handeln.
WTO setzt Frist (22.08.2005)
Die Welthandelsorganisation WTO gibt der US-Regierung noch bis zum 3. April 2006 Gelegenheit, die Gesetzgebung zum Thema "Online-Glücksspiele" anzupassen. Doch was passiert, wenn der vom David Antigua besiegte Goliath einfach nicht reagiert?Schon seit Jahren versucht die Regierung von Antigua (genauer: Antigua und Barbuda) nun schon, sich vor dem Schiedsgericht gegen die ungleich einflussreicheren USA durchzusetzen. Dort ist das Online-Glücksspiel durch verschiedene Staats- und Bundesgesetze verboten. Doch Antigua sieht sich durch diese Gesetze in seinen wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten behindert.
In erster Instanz wurde dem Kläger dabei ein vollständiger Sieg beschert. Das internationale Schiedsgericht bezeichnete die gesetzlichen Verbote der USA, die der Aufrechterhaltung der Moral und öffentlichen Ordnung dienen sollen, als rechtswidrig. Doch diese Entscheidung wurde in einem Berufungsverfahren relativiert (vgl.: "Sieg für beide Seiten?"). Dennoch wurde es den USA zur Auflage gemacht, die gesetzlichen Bestimmungen anzupassen. Zumal einige der US-Gesetze geeignet sind, den internationalen Handel zu benachteiligen.
Nun wurde von der Schiedsstelle bekannt gegeben, dass den USA für die verlangten Änderungen ein volles Jahr nach dem Termin der Urteilsverkündung durch das Berufungsgericht zu gewähren ist. Doch das würde bedeuten, dass den USA nur noch bis zum 3. April kommenden Jahres Zeit bleibt, um die bemängelten Gesetze zu ändern.
Antigua scheint zwar noch hoffnungsfroh, dass es zu solchen Änderungen kommt. Doch die britische BBC gibt sich in diesem Punkt weniger optimistisch. Sie hat Diplomaten nach ihrer Einschätzung der Situation befragt und diese sehen wenig Handlungsmöglichkeiten für Antigua, sollten die USA sich nicht an die WTO-Entscheidung halten. Schließlich bleibt dem Inselstaat nur die Möglichkeit, mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen die USA vorzugehen. Doch da für Antigua neben dem Online-Glücksspiel nur der Tourismus eine bedeutsame Rolle spielt, sind die Möglichkeiten für wirksame Sanktionen stark beschränkt. Vor allem, wenn diese Sanktionen sich nicht zum Bumerang entwickeln sollen.
Sieg für beide Seiten? (08.04.2005)
Der Berufungsgerichtshof der Welthandelsorganisation WTO hat das bisherige Urteil im Rechtsstreit von Antigua und Barbuda gegen die USA teilweise aufrecht erhalten und teilweise revidiert. Nun sehen sich beide als Sieger.Tatsächlich lässt der über 146 Seiten lange Text der Entscheidung es zu, dass beide Seiten jubeln. Vor allem der US-Regierung dürfte es sehr entgegenkommen, dass das Urteil es im Unterschied zur 1. Instanz für rechtmäßig hält, dass nationale Gesetze gegen das Glücksspiel zum Schutz der öffentlichen Moral eingeführt werden.
Doch diese Aussage behält nur dann ihre Gültigkeit, wenn diese Gesetze in Konformität mit internationalen Vereinbarungen erfolgen. Und gerade daran äußert das Gericht auch in der Berufung Zweifel. Etwa dann, wenn beispielsweise Pferderennen zwar in anderen Bundesstaaten, aber nicht im Ausland als zulässig definiert werden. An solchen Gesetzen sieht das WTO-Gericht Nachbesserungsbedarf (vgl. S. 126/127 der Entscheidung).
Und dieser Entscheidung werden sich die USA nun beugen müssen. Wie stark dieser Beugungsvorgang erfolgen wird, ist aber absolut ungewiss. Wie C|Net es ausdrückt, wird die US-Regierung den Kläger Antigua, oder aber zumindest das Berufungsgericht mit seinen Gesetzesänderungen überzeugen müssen. Andererseits wird auch die internationale Gemeinschaft die weitere Entwicklung sehr genau beobachten und überprüfen, ob die Änderungen den Wünschen der eigenen Glücksspielindustrie Genüge tun. Das betrifft insbesondere Großbritannien, wo ein eindeutiges Interesse daran besteht, sich an dem - trotz Verbot - in Milliardenhöhe bewegenden US-Geschäft zu beteiligen.
Allerdings ist gerade die derzeitige US-Regierung mittlerweile dafür bekannt, sich internationalen Vereinbarungen nicht zwingend verpflichtet zu fühlen. Es liegt also durchaus im Bereich des möglichen, dass die Entscheidung einfach ignoriert oder Maßnahmen ad infinitum vertagt werden. Damit könnte der Regierung zwar die Verhängung von Sanktionen drohen. Doch ob diese Drohung ihr Ziel erreicht, ist nicht unbedingt sicher.