Unter den Beschäftigten im Wiesbadener Casino geht die Angst um: Automaten sollen Croupiers aus Fleisch und Blut ersetzen. Der Betriebsrat klagt jetzt dagegen.
Bei der Wiesbadener Spielbank kehrt keine Ruhe ein. Diesmal geht es nicht um Mobbing und Videoüberwachung, sondern um den Austausch eines klassischen Roulettetisches, an dem bis zu vier Croupiers arbeiten, gegen ein Automaten-Roulette, das ohne Personal auskommt. Die am Mittwoch im Eingangsbereich des klassischen Spiels aufgestellte Roulette-Insel besteht aus bis zu zwölf Spielstationen, die um ein Rouletterad gruppiert sind. Einsätze werden auf Touch-Screen-Monitoren eingetippt.
Betriebsrat Georg Wolf ist darüber völlig empört: "Damit verliert das große Spiel sein einmaliges, stilvolles Ambiente und verkommt zum Kullersalon", ärgert sich der Vertreter der rund 200 Spielbank-Beschäftigten. Gäste, die auf Stil Wert legten, würden durch "Las-Vegas-ähnliche Zustände" verschreckt. Zudem verdrängten Automatenspiele Arbeitsplätze; die Trinkgelder, von denen die Croupiers fast ausschließlich leben, würden sinken. Den Betriebsratsvorsitzenden ärgert zudem, bei einem solchen "tiefen Eingriff" in den Betrieb und in die Optik übergangen worden zu sein.
Bereits gestern trafen sich Betriebsrat und Geschäftsführung vor dem Arbeitsgericht. Doch Richter Michael Horcher wies den Wunsch des Betriebsrats nach Abbau des Automaten zurück. "Es handelt sich nicht um eine Betriebsänderung, so dass der Betriebsrat nicht beteiligt werden musste", urteilte Horcher. Wolfs Rechtsanwalt Reinhard Schütte wies darauf hin, dass laut hessischer Spielordnung für öffentliche Spielbanken Automatenspiele grundsätzlich in separaten Sälen angeboten werden sollen.
Dramatischer Gästeschwund
Der technische Geschäftsführer der Spielbank, Gerhard Schmulder, rechtfertigte den Austausch mit dem "dramatischen Gästeschwund". "Wir haben seit der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes Ende 2007 die Hälfte unserer Roulette-Gäste verloren", sagte Schmulder vor Gericht. Der ausgetauschte Tisch sei seit einem Jahr ungenutzt gewesen. Von dem Automaten erhoffe man sich, "den immer leerer wirkenden Spielsaal mit neuem Leben zu füllen". Gäste hätten sich eine solche Insel im rauchfreien großen Spiel gewünscht.
Im hinteren, abgetrennten Bereich des großen Spiels, der Rotunde, steht bereits seit 2003 eine solches Roulette. Hier ist - wie im Automatenspiel in den Kolonnaden - das Rauchen gestattet. Zumindest bis 2005 sind laut Schmulder die Trinkgelder nicht gesunken, sondern gestiegen.
Die SPD-Rathausfraktion zeigte sich erstaunt ob der Veränderungen in der Spielbank. "Ein Automat im Entree - das macht das ganze Ambiente kaputt", sagte der Stadtverordnete Sven Gerich. Wenn eine solcher Eingriff bei der Konzessionserneuerung im April bekannt gewesen wäre, "hätten wir sicher anders verhandelt".