Setzt Lotto bald auf Casinos?

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Landesregierung rückt von Investoren aus Zypern ab und bringt die Toto-GmbH ins Spiel

Politische Termine um 7.30 Uhr zählen auch im Frühaufsteher-Land Sachsen-Anhalt eher zur Ausnahme. Es sei denn, es geht um wirklich wichtige Dinge. Am Mittwoch ist so ein Tag - die Staatssekretäre des Raumordnungs- und des Innenministeriums treffen sich mit ihrem Kollegen aus dem Finanzministerium, um über die Zukunft der defizitären Spielbanken-Gesellschaft zu entscheiden. Inzwischen gibt es nur noch zwei Optionen: Die Angliederung an die ebenfalls landeseigene Lotto-Toto-GmbH oder die Schließung.

Der Verkauf der Spielbanken an die zypriotische Sybilgroup, die in Vockerode (Kreis Wittenberg) ein Kasino des Ostens errichten will, ist vom Tisch. "Die Forderungen der Sybilgroup waren verfassungsrechtlich problematisch", hieß es aus Ministeriumskreisen. Denn die Zyprioten verlangten eine Absenkung der Spielbanken-Abgabe des Landes von 50 auf 40 Prozent der erzielten Erlöse.

Im Gegenzug hatte die Gruppe nach einem der MZ vorliegenden Papier angeboten, den Kaufpreis von einer Million Euro auf fünf Millionen zu erhöhen. Doch die Offerte wurde abgelehnt. Damit war plötzlich die Lotto-Toto-Gesellschaft des Landes im Rennen, wie deren Geschäftsführer Wolfgang Angenendt gegenüber der MZ bestätigte: "Da ist was dran, ich weiß seit mehreren Tagen, dass es eine entsprechende Kabinettsvorlage gibt." Die ist aber nach MZ-Informationen noch nicht mit den beteiligten Ministerien abgestimmt, geschweige denn mitgezeichnet. Angenendt äußerte sich jedoch skeptisch darüber, die Kasinos zu übernehmen. "Es ist nicht unsere Lösung, wir haben das dem Land nicht angetragen." Sollte die Übernahme der drei defizitären Spielbanken tatsächlich stattfinden, erwarte er vom Land eine "gewisse Mitgift", um die bisherigen Verluste der Kasinos ausgleichen zu können. Angenendts Bedenken teilten auch die Finanzexperten von CDU und FDP, Marco Tullner und Lydia Hüskens, die sich dezidiert für einen Verkauf oder eine Schließung der Spielbanken aussprachen. "Lotto die Kasinos zu geben, macht es nicht besser, auch dort hat man keine Erfahrung mit einem wirtschaftlichen Betrieb", so Tullner. Auch der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende von Lotto-Toto, Ex-Innenstaatssekretär Jürgen Schneider (SPD), warnte vor diesem Schritt: "Da würde ein durch und durch gesundes Unternehmen durch ein krankes gefährdet."

Die Bedenken werden nach MZ-Informationen im Innenministerium geteilt. Und selbst Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) soll der Lösung skeptisch gegenüberstehen. Dem Vernehmen nach tendiert Bullerjahn immer mehr dazu, die Kasinos zu schließen: "Lieber ein Ende mit Schrecken als umgekehrt", heißt im Ministerium. Allerdings würde eine Pleite erneut Geld kosten - von bis zu zwei Millionen Euro ist die Rede. Zudem stehen die Arbeitsplätze von 80 Beschäftigten auf der Kippe. Offiziell ließ Bullerjahn am Dienstagabend erklären, es gebe drei Optionen für die Spielbanken, er wolle aber keine Entscheidung vorgeben. Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) erklärte in der CDU-Fraktion, eine Entscheidung erst in der kommenden Woche im Kabinett herbeiführen zu wollen.