Thema Glücksspiel: Quickie mit Fortuna

[Casinonews]

Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandidaten. Hape Kerkeling, der Komiker, sang sich 1991 mit diesem Gassenhauer in die Charts und beschrieb schon damals ein Szenario, das den Zeitgeist heute mehr trifft denn je: Die Deutschen sind ein Volk der Rate-Ritter und Zocker. Die Lust am Quickie mit Fortuna ist ebenso groß wie variantenreich.

So nimmt jeder zweite Bundesbürger an Glücksspielen teil. Nicht nur bei 35-Millionen-Jackpots wie vor einer Woche, als selbst Lotto-Abstinenzler das große Tipp-Fieber packte. Auch jenseits des „Roulettes des kleinen Mannes“ wird gezockt was das Zeug hält. Zwar hat der Staat ein Monopol, und seit 1. Januar ist das Glücksspiel im Internet verboten. Doch die Maschen des weltweiten Datennetzes sind groß: Online-Poker & Co. boomen. Nicht zu vergessen die legalen Geldspielautomaten und Spielbanken mit ihrer treuen Klientel.

Das hat Folgen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung warnt: 100 000 Spielsüchtige gibt es schon, 225 000 Menschen sind bedroht, insbesondere junge. Der Staat verdient am Streben nach dem schnellen Glück. Von den 28 Milliarden Euro Gesamtumsatz aus Casinos, Automaten und Lotto bleiben ihm 5,25 Milliarden. Wenigstens kommt ein Teil der Erlöse Kultur und Sport zugute.

Das ist nur die eine Seite der Spiel-Münze. Viel weiter verbreitet ist die Lust am Spiel auf dem Sofa. Gezockt wird hier mit Fernbedienung und Telefon. Jeden Abend, in Millionenscharen bei den boomenden Quiz-Shows. Pilawa, Raab oder die Wunderwaffe Günther Jauch sind Selbstläufer. „Antwort A – oder doch B? Bei 125 000 Euro aufhören oder alles für die halbe Million riskieren? Hab’ ich noch ’nen Joker?“ Immer mehr Formate und immer höhere Gewinne locken. „Wer wird Millionär?“ ist längst von „Schlag den Raab“ überholt. Derzeit liegen dort 2,5 Millionen im Topf.

Freilich fesselten anno 1974 auch „Die Kaffeemaschine, die Schiffsreise und ... äh, das Fragezeichen ...“ in Rudi Carrells rührend harmlosem „Am laufenden Band“ Millionen vor den Fernsehern. Nur begnügte man sich damals mit Zusehen und kleinen Preisen. Der moderne TV-Zocker will mitmachen, mal so richtig absahnen.

Für Sender wie RTL ein doppeltes Geschäft: Wer sich als Kandidat bewirbt, zahlt dafür. Wer sich nicht bewirbt oder nicht das Glück hat, dabei zu sein, rät dennoch mit – und erfüllt das gewinnbringende Quotensoll: Er guckt Werbung. Selbst Info-Magazine wie „Galileo“ bieten Gewinnspiele. Mit so dämlichen Fragen, dass sogar Kinder die Antwort wissen und anrufen – gebührenpflichtig. Wer ganz unten angekommen ist, rätselt um ein paar Hunderter bei Billigsendern wie 9 Live. Neuester Trend im Zockerparadies: Immobilienverkäufe per 99-Euro-Los.

Das ganze Leben ist ein Quiz und Las Vegas in jedem Wohnzimmer. Warum? Immerhin leben wir trotz Finanzkrise im Wohlstand. Doch den müssen wir mit immer höherem Alltagsdruck, von der Schule bis zur Rente, bezahlen. Vielleicht ist deshalb die Hoffnung auf die Aufbesserung der Haushaltskasse oder gar den großen, das Leben endlich leicht machenden Jackpot so stark.

„Gott, was ist daran so schlimm. Man kann was gewinnen, und kosten tut’s auch kaum was . . .“, mag mancher sagen. Ganz so einfach ist es nicht. Die vermeintliche Lust am Fiebern, das permanente Hoffen, dass das Leben besser wird, kann uns alles kosten: Ruhe, Gelassenheit und den Sinn fürs Wesentliche. Nämlich die Fähigkeit zur Freude an dem, was man hat. Wer – zwangsläufig – die ewige Niete zieht, bei dem kann das leichte Zockerfieber zur gefährlichen Frust-Grippe werden. Das Leben ist eben doch kein Quiz. Und einen Telefon-Joker für das Schnäppchen-Glück gibt es auch nicht.