Bahn-Vorstand zockte im Casino

[Casinonews]

25.05.2008

Zukünftiger Bahn-Vorstand in der Spielhölle
110 Minuten blieb Hansen im Spielsalon
Verzockt er seine Karriere?

Ein Mann mit markant bekannten Gesichtszügen, Kurzhaarschnitt und Brilli im linken Ohrläppchen parkt einen auffälligen schwarzen Audi Q7 (6 Zylinder, ab 280 PS, Basispreis 50.700 Euro, 304 Gramm CO2-Emmissionen pro Kilometer, Durchschnittsverbrauch laut Werksangaben 17,8 Liter in der Stadt) mit einem Frankfurter Kennzeichen auf dem Mittelstreifen des Kaiserdamms, steigt aus, verschließt den Luxusgeländewagen, schaut sich mehrfach sichernd um und betritt den Spielsalon, Hausnummer 110.


Titelstory der Bild am Sonntag vom 25.Mai 2008

Fast zwei Stunden lang – von 14.44 Uhr bis 16.34 Uhr – bleibt er in der Spielhölle.

Der Spieler heißt Norbert Hansen (55). Bis Mitte Mai war er Vorsitzender der Eisenbahner-Gewerkschaft Transnet mit einem Monatseinkommen von 7800 Euro brutto.

Am 2. Juni tritt er seinen neuen Job als Arbeitsdirektor bei der Bahn an mit einem Gehalt, für das man lange und mit verdammt viel Glück daddeln muss. 2007 erhielt ein Personalvorstand der Bahn 1,45 Millionen Euro (400 000 Euro Festgehalt, 1,05 Millionen Euro variable Bezüge). Durch den Jobwechsel dürfte Hansen sein Jahreseinkommen verfünfzehnfachen.

Am Vormittag dieses schönen Donnerstags war Hansen im Bahn-Tower, seinem künftigen Arbeitsplatz. Danach ging er zocken.

110 Minuten blieb Hansen im Spielsalon Gedämpftes Licht, verhängte Fenster: der Spielsalon von innen 1/4
In dem Spielsalon, wo man 24 Stunden am Tag an zwölf Automaten sein Glück versuchen kann, ist der Ex-Gewerkschaftsboss kein Unbekannter. Larissa, eine blonde Spielhallenaufsicht aus der Ukraine, versichert auf ein Foto von Hansen deutend: „Ja, dieser Mann ist hier schon einige Male Gast gewesen.“ Welche Spiele er bevorzugt, das weiß sie nicht genau, aber an Pokern kann sie sich erinnern. Der Pokerspieler komme „gelegentlich, in unregelmäßigen Abständen.“

Ob der Bald-Bahn-Vorstand beim Daddeln gewonnen oder verloren hat, ob er ausschließlich pokert oder auch Roulette schätzt und andere Glücksspiele, wie häufig er zum Daddeln kommt, ob er gar spielsüchtig ist, diese Fragen hätte BILD am SONNTAG Hansen gern gestellt.

Doch ein Sprecher des Bahn-Vorstands erklärt nach Rücksprache mit dem Glücksspieler: „Herr Hansen steht vor seinem Dienstantritt als Arbeitsdirektor für Medien nicht zur Verfügung.“

Er war schon mal gesprächiger. So verkündete der künftige Arbeitsdirektor sein Arbeitsprogramm: „Wir werden bei der Bahn weiter rationalisieren müssen. Und das wird in einigen Bereichen nicht ohne Personalabbau gehen.“ Ein Lokführer, fügte der ehemalige Rangierer in dem BILD-Interview hinzu, könne auch mal Zugabteile aufräumen. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn dementierte umgehend.

Den Donnerstagabend ließ Hansen nach dem Zocken im Spielsalon auf der Terrasse des Restaurants „Konoba“ an der Otto-Suhr-Allee im Zwiegespräch mit einem Bekannten bei einem Bier ausklingen.