Casino Jericho: Gesperrtes Casino bekam plötzlich 24-fachen-Wert
Dienstag im Bawag-Prozess hatte der Erstbeklagte Helmut Elsner einmal unbestritten Recht. „Das 60-fache von fünf Millionen sind 300 Millionen. Das Rechnen habe ich noch nicht verlernt“, protestierte Elsner gegen den Vorwurf, die Bawag habe den Wert ihres Anteils am Casino Jericho in der Bilanz einfach um das 60-fache erhöht.“
„Okay, es ist nicht das 60-fache sondern nur das 24-fache“, musste Ankläger Georg Krakow zugestehen. Am Vorwurf der Anklage – der Bilanzfälschung – ändert dies freilich nichts. Denn nach den exorbitanten Verlusten in den Geschäften mit Wolfgang Flöttl musste die Bawag scheinbare „Werte“ schaffen, um überhaupt eine Bilanz erstellen zu können.
Das Casino in Jericho, in den Palästinensergebieten, war aber kein Projekt der Bawag. „Das Casino in Jericho war mein Projekt,“ bekannte Milliardär Martin Schlaff gestern als Zeuge. Gesellschafter waren neben Schlaffs Privatstiftung und der Bawag auch die Casinos Austria und die Palästinenser.
Da Glücksspiel in Israel verboten sei, die Israelis aber gerne spielten, habe er das Casinoprojekt im Westjordanland unweit von Jerusalem auf die Beine gestellt. Er sei jüdischer Herkunft, spreche perfekt Hebräisch. Bei dem Vorhaben hätten auch seine Beziehungen zu israelischen Politikern und zum verstorbenen Palästinenserführer Yasser Arafat geholfen, erzählte Schlaff. Immerhin hätte das Casino die Wirtschaft in den Palästinensergebieten gestärkt, über 90 Prozent der 2000 Mitarbeiter seien Palästinenser gewesen.
Freilich: das Casino war gerade zwei Jahre in Betrieb, als 2000 die Intifada, der Palästinenseraufstand, losbrach. Israel machte die Grenzen dicht, das Casino verlor 98 Prozent seiner Kunden und sperrte zu.
Zugesperrt und aufgewertet
Doch während die Casinos Austria die Beteiligung in ihrer Bilanz umgehend abschrieben, hatte die Bawag ihren Anteil von gerade zehn Prozent am gesperrten Casino zunächst mit einem Wert von fünf Millionen Euro in der Bilanz. Von fünf auf 120 Millionen aufgewertet hatte die Bawag diese Beteiligung obendrein erst nachdem das Casino schon zugesperrt war. Erst mit der Bilanz 2005 wurde die Beteiligung ausgebucht.
nachrichten.at