Ressort Coburg
Erschienen am 20.10.2007 00:00
GERICHT
Kredite im Internet verzockt
Von Mathias Mathes
Coburg – Schlaglichter auf Online-Glücksspiele sowie auf die mitunter leichtfertige Vergabepraxis bei Krediten warf ein Betrugsverfahren am Coburger Amtsgericht.
Coburg – Schlaglichter auf Online-Glücksspiele sowie auf die mitunter leichtfertige Vergabepraxis bei Krediten warf ein Betrugsverfahren am Coburger Amtsgericht.
Wie die 48-jährige Angeklagte aus Coburg am Donnerstag einräumte, nahm sie bei einer Bank in Coburg einen Kredit in Höhe von rund 30 000 Euro auf. In einem anderen Fall vereinbarte sie mit ihrer Schwägerin, dass diese sich einen Kredit über 20 000 Euro gewähren lasse. Auch dieses Geld sollte letztlich der Angeklagten zu Gute kommen.
Falsche Verdienstbescheinigung
Der Haken: Zwar legten sowohl die Angeklagte, eine gelernte Bürokauffrau, als auch ihre Schwägerin sowie eine Bekannte Verdienstbescheinigungen bei den Kreditgebern vor. Doch die Papiere waren gefälscht. Die 48-Jährige war vielmehr arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld II, auch „Hartz IV“ genannt. Mit der gleichen Masche sicherte sich die 48-Jährige auch Kreditkarten und Konten mit hohem Dispositionskreditrahmen.
Dass es sich offenbar um recht plumpe Fälschungen handelte – nach den Worten von Verteidiger Thomas Gödecke war auf einer Verdienstbescheinigung die nicht existierende Lohnsteuerklasse 0 angegeben – erwies sich nicht als Hindernis bei der Kreditvergabe. Die Angeklagte ging sogar noch weiter und sagte, dass eine Bankmitarbeiterin von ihrer wirklichen Situation gewusst und dennoch stillschweigend dem Privatkredit zugestimmte habe.
Die falschen Verdienstbescheinigungen oder auch Bestätigungen, in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, stellte zum Teil der Betreiber eines Coburger Geschäfts aus, was ihm ebenfalls ein Strafverfahren einbrachte. Mitunter setzte sich die 48-Jährige auch selbst an den Geschäftscomputer des mit ihr gut bekannten Ladeninhabers, um gefälschte Unterlagen zu kreieren. Auf diese Weise verschaffte sie nicht nur sich, sondern auch einer Freundin Entgeltabrechnungen, die beide Frauen zur Aufstockung eines bereits erschlichenen Kredits auf rund 40 000 Euro nutzten.
Die Mutter von vier Kindern sagte zu Richter Wolfram Bauer, dass sie einfach nicht mehr zurechtgekommen sei, nachdem auch ihr Mann keine Arbeit hatte. „Außerdem habe ich schon seit 20 Jahren ein Suchtproblem.“ Die 48-Jährige meinte damit ihren Hang zu im Internet angebotenen Glücksspielen. Die Zockerei, bei der sie dreimal mehr verloren als gewonnen habe, war nicht nur eine mögliche Ursache für den gestiegenen Finanzbedarf der Angeklagten, sondern ein weiterer Teil der Anklage.
Denn laut Staatsanwalt Dr. Michael Koch hat die 48-Jährige ihrer Spielsucht bei einem zwar auf der Karibikinsel Antigua, jedoch nicht in Deutschland zugelassenen Online-Anbieter gefrönt. Immerhin 41 000 US-Dollar soll die Frau erspielt haben. Das wiederum brachte sie in Konflikt mit dem Jobcenter Coburg Stadt. Denn weder beim Erst- noch beim Folgeantrag auf Arbeitslosengeld II hatte sie dieses für die Behörde „sonstige Einkommen“ angegeben. Unter dem Strich hat sie daher zu Unrecht Sozialleistungen in Höhe von 15 000 Euro bezogen.
Nachdem die 48-Jährige sich bis auf wenige Details der Anklage geständig gezeigt hatte, hielt sich der Staatsanwalt nicht lange mit dem Sachverhalt auf und beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.
Die Verteidigung plädierte auf eine um ein Jahr kürzere Haftstrafe, die „selbstverständlich zur Bewährung“ auszusetzen sei. Insbesondere verwies Gödecke darauf, dass andernfalls vier Kinder ohne Mutter dastünden.
Was das Glücksspiel betrifft, so habe seine nicht vorbestrafte Mandantin kaum wissen können, dass sie sich auf einen hierzulande nicht erlaubten Deal eingelassen habe. Die Gesetzeslage sei in diesem Bereich so „chaotisch“, dass ein Laie nicht mehr erkennen könne, ob er sich strafbar mache oder nicht.
Nicht zuletzt verwies der Verteidiger auf die seiner Meinung nach allzu sorglose Vergabe von Bankkrediten. Es sei schon bemerkenswert, dass Bankmitarbeiter nicht einmal durch die „Lohnsteuerklasse 0“ stutzig geworden sein sollen. Mittlerweile habe sie von geschädigten Banken sogar wieder Kreditangebote erhalten, nachdem sie die erschlichenen Kredite bediene und großenteils schon zurückgezahlt habe.
Plumper Betrug
Richter Bauer stellte unmissverständlich klar, dass selbst plumper Betrug immer noch Betrug bleibe – auch wenn sich noch dazu der Betrogene extrem blauäugig gebe. Dass die Angeklagte nicht gewusst haben soll, dass die karibische Online-Spielbank in Deutschland nicht zugelassen ist, glaubte er nicht.
Dennoch hatte das Gericht ein Einsehen mit der einsichtigen Angeklagten, und fand zu einem eher milden Urteil: Die Angeklagte erhielt eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Zudem muss sie 1200 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.